Rotation (Zentralbewegung)

Eine Rotation oder auch Zentralbewegung liegt dann vor, wenn sich ein Körper, also eine Masse, um einen Punkt dreht. Die Masse hat dabei einen Abstand R (Radius) zu diesem Punkt, welcher auch Zentrum genannt wird. Da es sich bei der Rotation schnell mal um komplizierte Bewegungen handelt, beschränken wir uns auf solche Drehungen bei denen die Geschwindigkeit des Körpers gleichförmig ist und sich somit nicht ändert (\Delta V = 0).

Die Gefahr besteht jetzt aber, dass man denkt: Wenn die Geschwindigkeit nicht ändern soll, dann gibt es gemäss Newton 1 keine Beschleunigung. Das ist hier leider ein Trugschluss. Der Betrag der Geschwindigkeit soll nicht ändern und tut er auch nicht, jedoch was sich ständig ändert, ist die Richtung der Geschwindigkeit! Und somit handelt es sich bei der Rotation aus physikalischer Sicht immer um eine beschleunigte Bewegung. Dabei gilt hier natürlich auch Newton 2: F_{Res} = m \cdot a

Ich habe dieses ganze Thema in vier Kapitel aufgeteilt. Zuerst mal die Grundlagen der Rotation mit der Definition von wichtigen Grössen. Anschliessend finden Sie 3 Kapitel, welche die 3 typischen Rotationsbewegungen, die wir kennen sollten, im Detail behandeln: die Rotation in einer horizontalen Ebene, die Rotation in einer vertikalen Ebene und die Rotation von Planeten.


Für Eilige gibt es eine Zusammenfassung der gesamten Dynamik mit eine Kurztheorie zur Rotation im PDF-Format. (Zusammenfassung Dynamik)

1. Wichtige Grössen

Für die Rotation einer Masse um einen Drehpunkt müssen wir noch folgende physikalischen Grössen einführen:

Die Umdrehungszahl n oder auch Frequenz f. Sie gibt die Anzahl der Umdrehungen pro Zeit an. In der Physik beträgt die Zeit 1 Sekunde, in der Technik häufig 1 Minute. n wird eher in der Technik verwendet und daher beträgt die Einheit hier [U/Min] also Anzahl der Umdrehungen pro Minute, während die Frequenz f in [1/s] angegeben wird.

Die Periodendauer T oder auch Umlaufzeit misst die Zeit für eine volle Umdrehung. Die Einheit daher naheliegenderweise: [s]. Beachten Sie, dass für die Bezeichnung der Periodendauer immer ein grosses T Verwendung findet und nicht das kleine t.

Die Winkelgeschwindigkeit \omega beschreibt die Menge an Winkel die pro Zeiteinheit zurückgelegt wird. Sie wird, wenn wir es genau nehmen, in Radiant pro Sekunde gemessen. Der Radiant ist das Bogenmass und gibt bei einer Rotation an, wieviel Bogenlänge eines Einheitskreises zurückgelegt wurde. So legt man bei einer vollen Rotation auf einem Einheitskreis eine Bogenlänge von 2 \cdot r \cdot \pi zurück und da es sich um einen Einheitskreis handelt beträgt der Radius 1 (1 mm oder 1 cm, 1 m, 1 km oder…). Somit für 1 Drehung (360°) im Radiant: 2 \cdot \pi, ein halber Kreis (180°): \pi, viertel Kreis (90°): \pi/2 usw.
Nehmen wir es nicht so genau, dann wird die Winkelgeschwindigkeit auch in [1/s] angeben. Dies kann aber zu Verwechslungen mit der Umdrehungszahl führen.

Die Bahngeschwindigkeit V_B ist die Geschwindigkeit, die ein Punkt oder eine Masse auf einer Kreisbahn hat. Eine häufige Bezeichnung ist auch die Tangentialgeschwindigkeit. Die Einheit für die Bahngeschwindigkeit ist: [m/s].

Die Zentripetalkraft F_Z ist verantwortlich für die Drehbewegung. Sie zeigt bei unseren Rotationsbewegungen immer zum Zentrum der Drehung und sie ist aus Sicht der Kräfte IMMER die resultierende Kraft. Das heisst, dass sich alle Kräfte, die an einem rotierenden Körper angreifen, vektoriell addiert, als Resultat immer die Zentripetalkraft ergeben müssen. Und zwar immer, sonst ist es keine gleichförmige Rotation.

Folgende Beziehungen gelten zwischen diesen 5 Grössen:

    \[ n = f = 1/T \]


    \[ \omega = \frac{2 \cdot \pi}{T} \quad \text{oder auch:} \quad \omega = 2 \cdot \pi \cdot n \]


    \[ V_B = \omega \cdot R \quad \text{R ist der Radius der Kreisbahn} \]


    \[ F_Z = m \cdot \frac{V_B^2}{R} = m \cdot \omega^2 \cdot R \]

2. Rotation in einer horizontaler Ebene

Bei einer Rotation in einer horizontalen Ebene stehen die Gewichtskraft F_G der sich drehenden Masse und die Zentripetalkraft F_Z immer senkrecht zueinander. In der Graphik unten mit dem Karussell drehen die Personen (= Massen) in einer horizontalen Ebene um die Drehachse. Wie finden wir in dieser Anordnung die Zentripetalkraft?

Um die Zentripetalkraft zu finden und Berechnen zu können, wenden wir folgende 4 Schritte an:

  1. Die Drehachse oder den Drehpunkt suchen
  2. Von der Drehachse weg, das Lot durch die entsprechende Masse ziehen
  3. Die Zentripetalkraft F_Z liegt auf diesem Lot und zeigt immer zum Zentrum oder zur Drehachse der Rotation
  4. F_Z ist immer die Resultierende Kraft bei der Rotation, d.h. alle Kräfte, die an der Masse angreifen müssen vektoriell addiert immer und eindeutig die Zentripetalkraft ergeben

Betrachten wir die Kräfte bei einer horizontalen Rotation, so stellen wir fest, dass am Massenpunkt immer drei Kräfte angreifen: die Gewichtskraft F_G, eine Stützkraft, die macht, dass die Masse nicht runterfällt (Normalkraft, Seilkraft, Kraft von einer Stütze, usw) und die Zentripetalkraft F_Z, die die Masse auf der Kreisbahn hält. Da F_Z bei einer gleichförmigen Rotation immer die Resultierende Kraft ist und gleichzeitig noch rechtwinklig zu F_G steht, gibt es nur eine Möglichkeit, die 3 Kräfte physikalisch richtig anzuordnen.
Wenn wir zurück zum Karussell gehen, kennen wir jetzt bereits F_G und F_Z, aber welches ist die dritte Kraft?

Die 3. Kraft muss sich so ergeben, dass erstens ein Kräftedreieck entsteht und zweitens die Pfeile alle so gerichtet sind, dass F_Z die resultierende Kraft ist! Im Beispiel hier mit dem Karussell entspricht diese 3. Kraft der Seilkraft F_S.

Die weiteren Berechnungen basieren jetzt auf diesem rechtwinkligen Kräftedreieck. Als Beispiel wollen wir berechnen, mit welcher Umdrehungszahl das Karussell drehen muss, so dass der Winkel \alpha einen Wert von 40° hat.
Wichtig zu wissen ist, dass sämtliche Informationen, was die Rotation betrifft, also Winkelgeschwindigkeit oder Radius der Rotation immer in der Zentripetalkraft gefunden werden können (siehe Formel F_Z weiter oben).

Betrachten wir das Kräftedreieck, dann lässt sich folgende Beziehung ablesen:

    \[tan(\alpha) = \frac{F_G}{F_Z} = \frac{m \cdot g}{m \cdot \omega^2 \cdot R} = \frac{g}{\omega^2 \cdot R} \]

Diese Gleichung nach \omega auflösen, ergibt:

    \[ \omega = \sqrt{\frac{g}{tan(\alpha) \cdot R}} \]

Beachten wir noch, dass \omega = 2 \cdot \pi \cdot n ist und lösen diese Gleichung nach n auf und setzen den Ausdruck für \omega ein, dann ergibt sich:

    \[ n = \frac{\omega}{2 \cdot \pi} = \frac{1}{2 \cdot \pi} \cdot \sqrt{ \frac{g}{tan(\alpha) \cdot R}} \]

Bemerkung: Wollten Sie jetzt tatsächlich diese Umdrehungszahl n berechnen, müssten Sie aufpassen, welchen Wert Sie für den Radius R verwenden. Der Sessel mit der Masse m dreht nicht auf einem Kreis mit Durchmesser 10 m, sondern er ist weiter aussen, weil das Seil des Sessel um 50° (90° – \alpha) nach aussen gedrückt wird! Nehmen wir an, dass das Seil, an dem der Sessel befestigt ist, eine Länge von l = 5 \, m hat, so können wir den tatsächlichen Radius berechnen: R = cos(\alpha) \cdot l + D/2 = 8.214 \, m.
Und somit für die Umdrehungszahl: n = 0.19 \, 1/s = 11.39 \, 1/min.

Also zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Schlüssel zur Lösung von Aufgaben mit horizontaler Rotation darin liegt, dieses Kräftedreieck zu finden. Es ist wichtig zu wissen, dass hier F_G und F_Z immer rechtwinklig zueinander stehen!

3. Rotation in einer vertikalen Ebene

Wir erkennen eine solche Rotation z.B. bei der Waschmaschine, beim Bohren eines Lochs in eine Wand oder näherungsweise auch bei einem Looping einer Achterbahn. Die Rotation in einer vertikalen Ebene ist keine gleichförmige Kreisbewegung und daher sind Berechnungen über die Kräfte nur an zwei speziellen Punkten möglich. Nämlich am obersten Punkt und am untersten Punkt. Hier zeigt die Gewichtskraft F_G in Richtung oder in Gegenrichtung von F_Z. Beim jedem anderen Punkt auf der Kreisbahn stehen die beiden Kräfte unter einem sich ständig änderndem Winkel, was Berechnungen schwierig macht.

Stellen wir uns vor, eine Kugel macht eine vertikale Drehung. Sobald die Kugel den obersten Punkt verlassen hat, wird sie durch die Fallbeschleunigung g beschleunigt und zwar solange, bis sie den untersten Punkt erreicht hat. Jetzt muss sie wieder in die Höhe steigen und wird wegen g abgebremst. Sobald die Kugel im obersten Punkt angekommen ist, beginnt das Spiel von vorne. Es ist also ein ständiges Beschleunigen gefolgt von einem Abbremsen und wieder einem Beschleunigen usw. Daher handelt es sich hier nicht um eine gleichförmige Rotationsbewegung

Frage R1: An welcher Stelle erreicht der Tennisball die höchste Geschwindigkeit und wo hat er die kleinste Geschwindigkeit?

Im Gegensatz zur Rotation horizontal braucht die Rotation in der vertikalen Ebene eine Mindestgeschwindigkeit, damit eine kreisförmige Bewegung zustande kommt. Betrachten wir den kreisenden Tennisball in der Abbildung, dann kann man sich vorstellen, dass wenn dieser zu langsam dreht, keine gleichmässige Drehung zustande kommt. Der Ball wird in die Tiefe stürzen, bevor der höchste Punkt erreicht ist.

Die minimale Bahngeschwindigkeit ist gerade dann erreicht, wenn die Zentripetalkraft der Gewichtskraft entspricht, wenn also gilt:

    \[ F_Z = F_G \quad \rightarrow \text{Bedingung für die kleinstmögliche Bahngeschwindigkeit} \]

Die Geschwindigkeit V_B berechnet sich dann:

    \[ F_Z = F_G \]


    \[ m \cdot \frac{V_B^2}{R} = m \cdot g \quad |: m \quad \text{und nach $V_B$ auflösen:}\]


    \[ \rightarrow V_B = \sqrt{R \cdot g} \]

Frage R2: Wir gross muss die minimale Bahngeschwindigkeit für eine senkrechte Drehbewegung sein, wenn der Radius 2 m beträgt?

Frage R3: Eine Kugel wird an einem Seil mit einer Länge von 0.5 m in einer Minute 40-Mal vertikal herumgeschwungen. Ergibt diese Bewegung eine gleichmässige Rotation?

Frage R4: Eine Masse von 3 kg wird an einem Seil so herumgeschleudert, dass gerade eine gleichmässige Rotation zustande kommt. Wie gross sind die Kräfte im Seil am Punkt oben und unten?

4. Rotation von Planeten

Wir wollen hier nicht die Bewegung von Planeten untereinander betrachten, sondern wir beschränken uns auf die Rotation einer Masse um einen Himmelskörper. Unter Himmelskörper verstehen wir Planeten, Monde aber auch die Sonne. Massen, die um diese Himmelskörper drehen, können irgendwelche Körper sein wie z.B. Satelliten, Monde aber auch andere Planeten.

Der Schlüssel zur Berechnung solcher Bewegungen liegt darin, dass die Zentripetalkraft gerade durch die Gravitationskraft aufgebracht wird. Das heisst, die Zentripetalkraft ist gleich gross, wie die Gravitationskraft:

    \[ F_Z = F_G \]

Wir müssen hier den allgemeinen Ausdruck für F_G verwenden: F_G = G \cdot \frac{m_1 \cdot m_2}{R^2}

Damit wird:

    \[ m_1 \cdot \frac{V_B^2}{R} = G \cdot \frac{m_1 \cdot m_2}{R^2} \]

G ist die Gravitationskonstante, m_1 ist die Masse eines Körpers wie z.B. eines Satelliten, der um die Masse m_2 herum dreht, also z.B. um einen Planeten. Der Abstand R entspricht dem Abstand des Satelliten bis zum Mittelpunkt des Planeten. Wenn wir diesen Ausdruck vereinfachen, so ergibt sich die Bahngeschwindigkeit, die der Satellit hat, wenn er um den Planeten dreht. Interessanterweise ist diese nicht von der Masse des Satelliten abhängig!

    \[ V_B = \sqrt{G \cdot \frac{m_2}{R}} \]

Eine weitere interessante Entdeckung ist auch die, dass für einen bestimmten Abstand R auch eine bestimmte Geschwindigkeit vorhanden sein muss. Also ist der Satellit langsamer, so fliegt er auf einer Umlaufbahn, die weiter weg ist, als wenn er schneller fliegen würde. Es ist also nicht möglich, ohne Antrieb auf einer beliebigen Umlaufbahn um einen Planeten zu kreisen, sondern sie hängt mit der Bahngeschwindigkeit zusammen. Wenn sich die Geschwindigkeit verdoppelt, dann fliegt der Satellit auf einer Umlaufbahn, die nur einen Viertel des Radius misst, als mit normaler Geschwindigkeit.