Wurfbewegungen

Die Wurfbewegungen, die wir behandeln, können grundsätzlich in 3 Gruppen eingeteilt werden:

  1. Freier Fall
  2. Wurf senkrecht mit Anfangsgeschwindigkeit
  3. Horizontaler Wurf

Darüber hinaus gibt es noch den schiefen Wurf. Dies ist der allgemeinste Wurf überhaupt, der die anderen 3 Würfe beinhaltet, je nachdem, wie die Startbedingungen gewählt werden. Jedoch geht diese allgemeine Formulierung weiter, als der Lernplan vorgibt. Daher wird auf eine Erklärung der Theorie verzichtet und nur einige wenige Formeln angegeben.

1. Freier Fall

Der freie Fall ist genau genommen kein Wurf, da bei einem Wurf immer eine Anfangsgeschwindigkeit v_A vorhanden sein muss, jedoch macht es Sinn diesen Fall zusammen mit den Würfen zu betrachten.

Ein typischer freier Fall wird z.B. durch einen Ball, der ohne Anfangsgeschwindigkeit auf den Boden runterfällt, beschrieben. Der Ball wird zu Beginn (Punkt 0 m) einfach losgelassen. Im Bild rechts ist eine Serienaufnahme des Balles zu sehen, wobei die 10 Bälle immer durch das gleiche Zeit Intervall \Delta t = 0.1 \, s voneinander getrennt sind.

Es ist deutlich zu erkennen, wie die Abstände nicht gleich gross sind und insgesamt nach unten grösser werden. Ganz genau betrachtet, nehmen die Abstände quadratisch mit der Zeit zu. Eine quadratische Zunahme der Strecke mit der Zeit haben wir schon bei der gleichförmig beschleunigten Bewegung gesehen. Es handelt sich beim freien Fall um nichts anderes als um eine gleichförmig beschleunigte Bewegung mit der fixen Beschleunigung a = g = 9.81 \, m/s^2. Dabei gelten die genau gleichen Formeln, wie für die beschleunigte Bewegung. Häufig werden für den freien Fall andere Formelzeichen verwendet. So wird {\bf a} zu {\bf g} und die Strecke {\bf s} wird zur Höhe {\bf h}. Somit gilt für die zurückgelegte Höhe (Strecke):

    \[\begin{centered} h = \frac{g \cdot t^2}{2} \quad [m] \notag\end{centered}\]

Die Geschwindigkeit v nach der Zeit t beträgt:

    \[\begin{centered} v = g \cdot t \quad [m/s] \notag\end{centered}\]

Kennt man die Fallhöhe und sucht die Fallzeit, also die Zeit, bis der Ball am Boden aufschlägt, wenn er die Höhe h durchflogen hat, so kann die erste Formel nach t umgeformt werden und man erhält eine Formel für die Fallzeit:

    \[\begin{centered} t = \sqrt{ \frac{2 \cdot h}{g}} \quad [s] \notag\end{centered}\]

Vielleicht haben Sie sich auch schon einmal von einem „Fallturm“ herunter fallen lassen? Dies ist eine Attraktion, die häufig in Vergnügungspärken und Jahrmärkten zu finden ist. Eine Plattform mit mehreren Sitzplätzen wird auf eine bestimmte Höhe, z.B. 100 m hochgezogen und dann aus dieser Höhe fallen gelassen. Die Beschleunigung, die man als „Mitfahrer“ erlebt, ist beinahe g, also 9.81 m/s^2. Die Plattform zusammen mit den festgeschnallten Besuchern macht einen freien Fall. Normalerweise endet der freie Fall nach der Hälfte der Distanz und ab da wird abgebremst und zwar so stark, dass die Geschwindigkeit schlussendlich, wenn die Plattform den Boden erreicht, wieder auf null ist.

Aufgabe 1W: Nehmen wir an, der Fallturm hat eine Höhe h=100 \, m und die freie Fallstrecke beträgt die Hälfte davon. Welche Geschwindigkeit v erreicht man maximal und wie lange dauert der freie Fall? Wie gross ist die Beschleunigung (Verzögerung) beim Abbremsen? Wie lange hat die ganze Fallbewegung gedauert?

2. Wurf senkrecht mit Anfangsgeschwindigkeit

Hier handelt es sich um einen echten Wurf, da eine Anfangsgeschwindigkeit v_0 vorhanden ist. Es gibt jetzt genau 2 Möglichkeiten für die Anfangsgeschwindigkeit, entweder zeigt sie senkrecht nach oben oder senkrecht nach unten. Alle anderen Richtungen würden keinen senkrechten Wurf ergeben, sondern einen schiefen Wurf.

Senkrechter Wurf nach oben: Die Anfangsgeschwindigkeit v_0 zeigt ganz genau senkrecht nach oben. Was passiert mit dem Ball? Der Ball fliegt hoch und wird dabei langsamer, bis er ganz kurz still steht, umkehrt und nach unten zu fallen beginnt.

Senkrechter Wurf nach unten: Zusätzlich zum freien Fall kommt hier noch eine Anfangsgeschwindigkeit dazu, welche macht, dass der Ball sich schneller nach unten bewegt, als im freien Fall.

Schauen wir uns den senkrechten Wurf nach oben etwas genauer an. Damit eine Masse nach oben fliegt, braucht sie eine Anfangsgeschwindigkeit v_0, ohne diese würde der Körper einfach nach unten fallen (freier Fall).

Die Masse steigt in die Höhe und wird langsamer, bis sie an einem Punkt, dem Umkehr- oder Scheitelpunkt stillsteht und anschliessend beginnt nach unten zu fallen (siehe Abbildung rechts). Im Bild ist der Aufstieg und der Fall eines Balls zum besseren Verständnis nebeneinander gezeigt, eigentlich würde die beiden Bewegungen übereinander liegen. Da der Ball beim Umkehrpunkt still steht (v = 0 \, m/s) und anschliessend wieder nach unten fällt, könnte es sich beim Fallen um welche Bewegung handeln?

Genau, um einen freien Fall!

Die maximale Höhe, die der Körper dabei erreichen kann, berechnet sich aus der Überlegung, dass der Körper eine Anfangsgeschwindigkeit v_0 hat und jetzt beim Fliegen nach oben kontinuierlich abgebremst wird und zwar mit einer Verzögerung von a = -g = -9.81 \, m/s^2. Es handelt sich also um ein Abbremsen bis zum Stillstand.
Wir können nun die gleiche Formel nehmen, welche wir bei der gleichmässig verzögerten Bewegung verwendet hatten, um die Endgeschwindigkeit zu berechnen wenn der Weg S und die Beschleunigung a gegeben waren: v_E = \sqrt{{v_A}^2 - 2 \cdot a \cdot S}. Ersetzen wir v_E durch null, die Geschwindigkeit soll im Umkehrpunkt null sein und a durch g so ergibt sich:

    \[\begin{centered} 0 = \sqrt{{v_A}^2 - 2 \cdot g \cdot S} \notag\end{centered}\]

Aufgelöst nach S ergibt die maximale Höhe (S = h_{max}), die ein Körper erreicht, wenn er mit v_0 (= v_A) senkrecht nach oben abgeworfen wird:

    \[\begin{centered} S = h_{max} = \frac{v_0^2}{2 \cdot g} \notag\end{centered}\]

S wird bei den Würfen häufig auch mit h für Höhe ersetzt und gemeint ist damit die zurückgelegte Höhe ab einem bestimmten Abwurfpunkt.
Eine weitere Formel, die von der verzögerten Bewegung abgeleitet werden kann, ist der zurückgelegte Weg respektive die Höhe. Auch hier ersetzen wir a durch g und v_A durch v_0 sowie S durch h und erhalten:

    \[\begin{centered} h(t) = v_0 \cdot t - \frac{g \cdot t^2}{2} \notag\end{centered}\]

Dies ergibt die Höhe h, die der Körper nach der Zeit t erreicht hat.
In Ihrer Formelsammlung finden Sie noch weitere nützliche Formeln im Zusammenhang mit dem senkrechten Wurf nach oben und nach unten. Entscheidend für Berechnungen bei den Würfen ist, dass der Wurf nach oben als verzögerte Bewegung und der Wurf nach unten als beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit betrachtet werden kann und somit die entsprechenden Formeln verwendet werden können!

Wurf nach oben -> gleichmässig verzögerte Bewegung
Wurf nach unten -> gleichmässig Beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit
Hier finden Sie alle Formeln für die Würfe zusammengefasst:

Aufgabe 2W: Ein Ball wird senkrecht nach oben geworfen mit einer Anfangsgeschwindigkeit von v_0 = 9.81 \, m/s. In welcher Höhe befindet er sich nach 2 Sekunden? Zeichnen Sie das a-t-, v-t- und S-t-Diagramm.

3. Horizontaler Wurf

Wie die Beschreibung dieses Wurfs bereits sagt, ist die Anfangsgeschwindigkeit v_0 horizontal gerichtet. Würde man Messungen machen, wie lange es dauert, bis ein horizontal nach vorne geworfener Ball braucht, bis er auf dem Boden aufschlägt, so stellt man fest, dass er genau gleich lang braucht, wie ein Ball, der einfach senkrecht fallen gelassen wird, also einen freien Fall macht. Voraussetzung ist natürlich, dass kein Luftwiderstand vorhanden ist. Das mag auf den ersten Blick erstaunen! Schauen Sie sich dazu das folgende Video an:

In der Abbildung rechts ist der im Film gezeigte Wurf nochmals graphisch dargestellt. Ein Ball fällt aus einer Höhe von 5 m senkrecht auf den Boden und braucht dazu ziemlich genau eine Sekunde. Genauso braucht ein Ball der auch aus 5 m Höhe horizontal nach vorne geworfen wird, ziemlich genau eine Sekunde. Interessanterweise ist dies gar nicht abhängig, wie stark der Ball nach vorne geschossen wird, er wird immer eine Sekunde brauchen. Die gesamte Flugzeit, die der Ball braucht, um diesen Wurf zu durchlaufen, wird als Wurfzeit bezeichnet. Es gilt dann:

Wurfzeit = Fallzeit

Das bedeutet, dass die Fallzeit angibt wie lange der gesamte horizontale Wurf dauert, egal welche Anfangsgeschwindigkeit vorhanden ist.

Wir können den horizontalen Wurf in zwei einfache Bewegungen zerlegen:

  • In X-Richtung: gleichförmige Bewegung mit {\bf v = v_0 = \text{const.}}
  • In Y-Richtung: freier Fall

Diese beiden Bewegungen überlagern sich. In der Physik spricht man bei einer solchen Überlagerung auch vom Superpositionsprinzip. Dabei werden jeweils die x- und y-Komponenten der einzelnen Bewegungen addiert. Speziell dabei ist, dass die gleichförmige Bewegung nur Werte für die x-Komponente liefert und der freie Fall nur Werte für die y-Komponente, da ja die jeweils andere Komponente immer null ist!

Aufgabe 3W: Warum ist die jeweils andere Komponente gleich null?

In der folgenden Abbildung sind die beiden Bewegungen dargestellt: Ein Wasserteilchen verlässt das Ausflussrohr des Brunnens in horizontaler Richtung. Einige Zeit später hat das Teilchen in x-Richtung betrachtet eine gewisse Strecke S zurückgelegt. Diese Strecke S berechnet sich aus der Anfangsgeschwindigkeit v_0 und der verstrichenen Zeit t gemäss s = v_0 \cdot t.

In y-Richtung fällt der Wassertropfen wie bei einem freien Fall und es gelten die entsprechenden Formeln, d.h. die Fallstrecke beträgt:
h = \frac{g \cdot t^2}{2} und die Geschwindigkeit in y-Richtung: v = g \cdot t.

Die maximale Weite S_{max}, die der Tropfen in x-Richtung höchstens kommt, ist abhängig von der Fallzeit t_f bis er auf der Wasseroberfläche auftritt:

Aus h = \frac{g \cdot {t_f}^2}{2} folgt t_f = \sqrt{ \frac{2 \cdot h}{g}} und somit ist S_{max}:

    \[ S_{max} = v_0 \cdot t_f = v_0 \cdot \sqrt{ \frac{2 \cdot h}{g}} \]

Welche Geschwindigkeit hat das Wasserteilchen, wenn es auf dem Wasser auftrifft? Das kann man sich wie folgt überlegen: Das Teilchen hat in der x-Richtung eine Geschwindigkeit von v_0. Dies ist die Anfangsgeschwindigkeit, die dem Tröfpchen zu Beginn beim Verlassen des Wasserrohrs mitgegeben wurde. Diese Geschwindigkeit ändert sich nicht, da in x-Richtung keine Beschleunigung und keine Verzögerung stattfindet. Also können wir schreiben: v_x = v_0.
In der y-Richtung hingegen wird das Teilchen gegen die Erde hin mit g beschleunigt und erreicht nach der Zeit t die Geschwindigkeit: v_y = g \cdot t.
Die beiden Geschwindigkeiten werden jetzt geometrisch addiert. Dazu benutzen wir den Satz von Pythagoras und erhalten die sogenannte Bahngeschwindigkeit v_B:

    \[ v_B = \sqrt{{v_x}^2 + {v_y}^2} = \sqrt{{v_0}^2 + {(g \cdot t_f)}^2} = \sqrt{{v_0}^2 + 2 \cdot g \cdot h}\]

Das Wassertröpfchen trifft bei einem horizontalen Wurf nie senkrecht auf dem Boden respektive dem Wasser auf. Es wird immer einen Winkel gegenüber der Horizontalen von weniger als 90° aufweisen.